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|15 Nov 2019|System User

Auf welchem Flight Level wird was gemacht?

Flight Levels, Koordination, Strategie
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[section_dd][column_dd span=’12’][text_dd]Was passiert auf welchem Flight Level bzw. was sollte dort passieren? Diese Frage begegnet uns immer wieder. Zum Teil liegt das wohl daran, wie wir Begriffe wie Strategie, Operationalisieren der Strategie, Ende-zu-Ende-Koordination usw. verwenden.

Es gibt nichts Schlimmeres, als durch inkonsequent genutzte und nicht definierte Begriffe für Verwirrung zu sorgen. Dieser Beitrag ist der Versuch, diese Frage für alle (auch für uns) nochmal zu klären, damit wir alle in der Kommunikation über Flight Levels einheitlich werden und bleiben.

Das Flight-Levels-Modell ist ein Denkmodell, das auf jedes Unternehmen angewendet werden kann. Es ist auf allen Ebenen mit bereits vorhandenen Methoden kompatibel und ist selbst keine weitere „Methode“. Das Flight-Levels-Modells soll dabei helfen, zu reflektieren: Wo im Unternehmen ist der richtige Hebel, an dem wir ziehen wollen, um die Business-Agilität des Unternehmens zu verbessern und es in die gewünschte Richtung am Markt zu lenken?

Flight Level 3 – Ebene der Strategie

Flight Level 3 ist der Strategie gewidmet. Hier werden Ziele definiert, die zunächst in einen größeren zeitlichen Kontext gebracht werden (z.B. die Ziele für drei Jahre oder fünf Jahre). Danach wird Fokus geschaffen (z.B. für das nächste Jahr, für die nächsten drei Monate): Worauf will sich das Unternehmen in der nächsten Iteration konzentrieren? Welche Aktionen bringen uns dem Ziel näher und wie wird der Fortschritt gemessen? Ein mögliches und beliebtes Werkzeug für diese Strategiearbeit sind OKR – Objectives and Key Results (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Objectives_and_Key_Results). Wie auch immer die Strategie entwickelt wird und wieviele hierarchische Ebenen es auf Flight Level 3 gibt: Letztendlich entstehen daraus „Aktionen“ (die auch Initiativen, Aktivitäten oder Projekte genannt werden), die auf Flight Level 2 Ende-zu-Ende koordiniert werden müssen.

ACHTUNG: In die Strategieplanung können und müssen natürlich auch strategische Themen aus den Levels darunter aufgenommen werden!

Diese Aktionen werden auf Flight Level 3 priorisiert und dienen als Input für Flight Level 2, wo Aktionen gestartet werden, sobald es dafür Kapazität gibt (Pull-Prinzip). Diese Priorisierung und die Auswahl der in der nächsten Iteration durchzuführenden Aktionen schafft den notwendigen Fokus, um effizient und zielgerichtet voranzukommen.

Zu jedem Strategiethema gibt es eine oder mehrere Aktionen. In regelmäßigen Abständen wird der Stand der Zielerreichung von den Beteiligten aller Flight Levels gemeinsam bewertet – so wird Transparenz für das Flight Level 2 (und in der Folge auch für Flight Level 1) geschaffen. Durch die gemeinsame Bewertung wird allen klar, welche Initiativen/Aktionen/Dinge zur Umsetzung der Strategie des Unternehmens wie beitragen. Strategisches Alignment kann so einfach sein.

Auf jedem Flight Level kann (nicht muss!) es natürlich mehrere, sogar hierarchische Boards geben – so auch auf Flight Level 3. Ein Beispiel: Wenn sich die Strategie eines IT-lastigen Unternehmens für die nächste Iteration aus Geschäftszielen der Unternehmensführung und technischen Themen der IT-Abteilung zusammensetzt, dann werden mehrere Top-Level-Strategie-Boards existieren, aus denen eine konsolidierte Sicht erzeugt werden muss. Auch diese konsolidierte Sicht ist eine strategische Sicht, die eben aus einer Zusammenschau der beiden Top-Level-Themen besteht. Bei der Entwicklung dieses abgeleiteten Strategie-Boards werden Inputs von beiden Seiten priorisiert, Abhängigkeiten berücksichtigt und der Fokus ausgearbeitet.

Flight Level 2 – Koordination der Aktionen

Flight Level 2 ist die Werkbank der Ende-zu-Ende-Koordination im Unternehmen. Diese Ebene nimmt die Aktionen und/oder Initiativen von Flight Level 3 als Backlog Items entgegen. Daraus werden die Maßnahmen oder Arbeiten abgeleitet, die in der nächsten Iteration durchgeführt werden müssen. Flight Level 2 ist eine Koordinationsebene: Das heißt, aus den Aktionen im Backlog werden große Aufgaben (z.B. Epics genannt) abgeleitet, priorisiert und den Teams (Flight Level 1) zur Umsetzung ins Backlog gestellt. Die Teams holen sich Arbeit (Pull-Prinzip), wenn sie dafür Kapazität frei haben.

Zu jeder Aktion gibt es in regelmäßigen Abständen „agile Interaktionen“ (Standup Meetings, Workshops etc.). Damit wird der Fluss der Arbeit durch das System aufrecht erhalten und wenn nötig verbessert. Durch diese Interaktionen wird außerdem der Fokus für die jeweils nächste Iteration auf Flight Level 2 geschaffen. Dadurch wird klar, was von Flight Level 1 geliefert werden sollte.

Dem Flight Level 2 und den hier stattfindenden agilen Interaktionen kommt eine zentrale Rolle bei der Koordination und Auflösung von Abhängigkeiten zwischen Teams/Produkten/Initiativen zu. Das Managen und im besten Fall sogar Auflösen dieser Abhängigkeiten ist oft der größte Hebel, um die Flussgeschwindigkeit der Arbeit im System zu verbessern. Deswegen ist uns dieses Thema auch besonders wichtig.

Auch das Arbeitssystem auf Flight Level 2 kann aus hierarchischen Boards bestehen. Wenn die Boards auf Flight Level 2 beispielsweise an Produkten ausgerichtet sind, kann es ein oder mehrere Koordinationsboards für Produktgruppen geben. Es kann auch notwendig sein, Arbeiten zwischen verschiedenen Produkten zu koordinieren, wenn mehrere Produkte für die Umsetzung eines strategischen Themas geändert werden müssen. Dadurch ergeben sich Abhängigkeiten, die gemanagt werden müssen.

Flight Level 1 – Ebene der Umsetzung

Last but not least wird auf Flight Level 1 geliefert – es ist die operative Ebene im Unternehmen. Hier sind die operativen Teams beheimatet, die Arbeiten von Flight Level 2 (Epics) entgegennehmen. Für jede Iteration konzentrieren sich die Teams auf einen bestimmten Umfang daraus (z.B. in Scrum ist es das Sprint-Ziel) und setzen diese Aufgaben um. Auf Flight Level 1 werden zum Beispiel aus Epics die User Stories geschnitten und Tasks umgesetzt, hier werden kurze Iterationen geplant und fertige Arbeit geliefert.

Für die Koordination entsendet jedes Team Vertreter zu den agilen Interaktionen des Flight Levels 2. Aber auch auf Flight Level 1 selbst kann (und wird) es ab einer gewissen Größe des Unternehmens solche Interaktionen geben – Standups sind dafür ein Beispiel. Ein anderes Beispiel wäre ein gemeinsames Architektur-Board, mit dessen Hilfe die Teams die Architektur des zu liefernden Produkts untereinander abstimmen. Ein solches Board ist aber kein Flight Level 2 Board, da es hier um Themen geht, die direkt die Lieferung der Arbeit betreffen.

Es kann – wie bei Flight Level 3 schon angemerkt – durchaus passieren, dass dabei strategische oder produktübergreifende Themen auftauchen, die nicht als rein operative Arbeit im Rahmen der normalen Tätigkeiten abgewickelt werden können. Möglicherweise sind es Themen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Strategie haben. In diesem Fall ist es Aufgabe von Flight Level 1, diese Themen an Flight Level 2 oder sogar 3 weiterzuspielen, damit sie in den kommenden Iterationen eingeplant werden können.

Das wichtigste Element: Kommunikation und Interaktion

Die agilen Interaktionen auf und zwischen allen Ebenen sind die taktische Komponente der Arbeit. Hier wird definiert, wie die vorhandenen Kompetenzen so um die Arbeit organisiert werden können, dass der Outcome und nicht der Output maximiert wird. „Outcome“ bedeutet, das Richtige zu machen – und das muss nicht immer super-effizient passieren. Für ein wirtschaftlich geführtes Unternehmen ist es wesentlich wichtiger, das Richtige zu liefern und dabei nicht vollkommen ausgelastet zu sein, als bei Vollauslastung das völlig Falsche zu liefern.

Das sehen wir in Organisationen am häufigsten: Der Fokus auf den Outcome fehlt. Oftmals liefern Unternehmen sehr viel (Output), haben aber das Gefühl, damit nichts zu erreichen (kein wirtschaftlich spürbarer Outcome).

Organisationen müssen lernen, ihre Kompetenzen und Kapazitäten an der Arbeit auszurichten und nicht die Arbeit an den Kompetenzen auszurichten. Denn sonst wird vielleicht vieles geliefert, aber nicht das, was Outcome im Sinne der Strategie erzeugt.

Aber das ist eine andere Geschichte und wird in einem weiteren Beitrag näher beleuchtet.[/text_dd][/column_dd][/section_dd]

Torsten Scheller
22 Nov 2019 21:40

Danke für diesen Beitrag. Dieser stellt für mich nochmal einiges klarer.
Ich verstehe das Flight Level Modell als Modell zur Selbstregelung (im kybernetischen Sinn “Regelung”, nicht “Steuerung”!) z.B. von Organisationen. Es scheint mir damit das noch fehlende Puzzle-Teil für echte agile Organisationen zu sein. Und es macht “Skalieren” komplett überflüssig, weil es sich auf die Wertschöpfung und die Steuerung des Wertstromes konzentriert. Es entsteht damit eine reine Ablauforganisation. Sehr Cool!
Und jetzt mal überlegen, wo das außerhalb der IT alles eingesetzt werden könnte … !

Michael Rumpler
25 Nov 2019 12:41

Hallo Torsten,

wir haben es bereits mehrfach erfolgreich außerhalb der IT im Einsatz.
Siehe als Beispiel den Vortrag der Bosch Powertools auf der LKCE19 Anfang November. Slides hier: https://www.slideshare.net/lkce/flight-level-boards-experiences-after-being-on-the-journey-for-a-year

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