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|22 Oct 2018|Klaus Leopold

Wie man mit agilen Methoden Dysfunktionalitäten verwaltet

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„Hurra, wir haben ein Board und machen Standups. Wir sind agil!“

Schön wär’s.

Nach wie vor fällt vielen als erstes ein Board mit bunten Zetteln ein, wenn sie an Agilität denken. Und es ist vollkommen klar: Die Visualisierung von Arbeit und Arbeitsflüssen auf einem Board ist grundsätzlich eine super Sache und eine wichtige Voraussetzung für Verbesserung. Allerdings verstehen viele Hurra-Agilisten noch immer nicht, dass etwas mehr Hirnschmalz notwendig ist, um den wirklichen Nutzen von Boards auszuschöpfen. Denn was passiert in vielen Unternehmen: Jedes Team hat sein eigenes Board und schupft darauf seine Aufgaben hin und her. In manchen Fällen hat sogar das Management-Team ein eigenes Board und verwaltet darauf seine Tasks. Wenn auch das Management ein Board hat, interpretieren das manche bereits als „Business-Agilität“.

Zwei Dinge laufen hier falsch:

  1. Wasserfall 3.0:Es ist super, wenn viele Teams viele Boards haben. Das ist ein Anfang. Man kann aber auch mit vielen Boards und Visualisierung total unagil sein, wenn nichts anderes geschaffen wird als ein Wasserfall 3.0. Die Analysten haben ihr Kanbanboard, die Entwickler haben ihr Sprintboard, die Tester haben ihr Kanbanboard. So wie bisher werden Aufgaben einfach weitergereicht, danach möge die Sintflut kommen und sich ein anderer um die Probleme kümmern. Die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Teams, geschweige denn zwischen operativer und strategischer Ebene bleiben vollkommen unberücksichtigt und werden nicht aktiv gemanagt. Im besten Fall optimiert sich ein Team also immer nur selbst, das Unternehmen als System zusammenhängender Einzelteile bleibt davon aber unberührt. Sprich: Es bleibt so wenig agil wie bisher.
  2. Verwaltung des Bestehenden: Speziell Managementboards sind meistens nur eine hübschere To-do-Liste. Die Tasks werden zwar brav abgearbeitet, es ändert sich aber nichts an der Art und Weise, WIE diese Tasks abgearbeitet werden. Und es wird auch nicht überlegt, OB die Tasks überhaupt sinnvoll sind und man am Richtigen arbeitet. Manchmal kommt es sogar noch schlimmer: Das Board macht Umpriorisierungen während der Bearbeitung – also im Prozess statt davor – noch viel einfacher, und das kann ein Unternehmen in den agilen Wahnsinn treiben.

 

Die Tatsache, dass es bestimmte Artefakte wie Boards oder Standups gibt, macht noch keine agile Organisation. Man kann mit Boards hervorragend die bestehenden Dysfunktionalitäten verwalten.

Das passiert, wenn der Fokus nicht auf dem Ziel „Business-Agilität“ liegt und stattdessen die Methoden als „agil“ angebetet werden. Alles dreht sich dann nur noch darum, wie viele Spalten und Swimlanes ein Board haben darf und ob ein Standup keine Sekunde länger als 15 Minuten dauern sollte. Man kann tolle, aber völlig nutzlose Retros machen, wenn den Erkenntnissen keine Maßnahmen folgen oder nie überprüft wird, ob Maßnahmen erfolgreich waren.

Wo Mittel und Zweck miteinander verwechselt werden, gehen agile Transformationsvorhaben meistens in die Binsen.

 

 

Photo by Cody Davis on Unsplash

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